Aikidō-Stil: Aiki-Ōsaka (Kobayashi Aikidō)

Der Aikidō-Stil Aiki-Ōsaka, auch bekannt als Kobayashi Aikidō, wurde von Kobayashi Hirokazu (* 14.02.1929; † 28.08.1998) entwickelt und ist stark von den späteren Lehren des Aikidō-Begründers Ueshiba Morihei (* 14.12.1883; † 26.04.1969) beeinflusst. Kobayashi war in den 1940er Jahren ein Schüler Ueshibas (Ō-Sensei) und integrierte dessen Prinzipien, jedoch mit einer eigenen Dynamik und Interpretation. Kobayashi gründete später die Organisation Bu Iku Kai (Haus der Ritterlichkeitserziehung) und lehrte hauptsächlich in Japan und Europa.

Einflüsse von Ueshiba Morihei und das Meguri-Prinzip

Der Aiki-Ōsaka-Stil baut auf den Grundprinzipien von Ueshiba Morihei (Ō-Sensei) auf, wobei insbesondere das Meguri-Prinzip einen zentralen Bestandteil bildet. Dieses Konzept entstand, als Ueshiba in den 1960er Jahren begann seine Aikidō-Techniken weiterzuentwickeln. Meguri bezeichnet „kleine Rotationen in den Armgelenken und dem Körperzentrum“, die eine effizientere Bewegung ermöglichen und die Energieübertragung optimieren. Kobayashi übernahm dieses Prinzip vollständig und integrierte es in den Aiki-Ōsaka-Stil (Kobayashi Aikidō), wodurch die Bewegungen dieses Stils „ökonomisch und dynamisch“ gestaltet sind. Dabei wurden die früheren, eher starren Bewegungen durch fließende und flexible Körperhaltungen ersetzt, was den Aiki-Ōsaka-Stil insgesamt lebendiger machen soll.

Charakteristische Merkmale des Aiki-Ōsaka-Stils (Kobayashi Aikidō)

Ein zentrales Merkmal des Aiki-Ōsaka-Stils (Kobayashi Aikidō) ist die aufrechte Körperhaltung. Im Gegensatz zu einigen anderen Aikidō-Stilen, die oft tiefere, stabilere Stände bevorzugen, wird hier eine aufrechte Körperhaltung betont. Diese Haltung soll eine flexible Beweglichkeit in alle Richtungen unterstützen.

Auch das Bewegungsmuster im Aiki-Ōsaka ist anders. Im Gegensatz zu den traditionellen, kreisförmigen Bewegungen vieler anderer Aikidō-Stile verwendet der Aiki-Ōsaka-Stil eine Kombination aus linearen und kreisförmigen Bewegungen, die besonders für lineare Schritte ausgelegt sind. Diese ermöglichen es, dem Angreifer auszuweichen oder seine Energie umzuleiten, ohne eine feste Verteidigungshaltung, Kampfhaltung bzw. Grundhaltung (Kamae) einzunehmen.

Ein weiteres Merkmal ist Suwariwaza. Dies ist der allgemeine Begriff für Techniken, die in traditionellen japanischen Kampfkünsten im Sitzen ausgeführt werden. Hierbei sitzen die Aikidō-Praktizierenden einander gegenüber in der Seiza-Position (Kniesitz), der formellen und traditionellen Sitzhaltung in Japan. Diese Techniken helfen dabei, dieselben grundlegenden Techniken auszuführen, die sie im Stehen verwenden würden – jedoch ohne Beinunterstützung, da diese im Seiza nicht verwendet werden können. Diese Suwariwaza hat ihren Ursprung bei den Samurai, von denen erwartet wurde, dass sie Angreifer aus einer sitzenden Position entgegenwirken können.

Allerdings wird diese Art der Technik auch in vielen anderen Aikidō-Stilrichtungen gelehrt und gilt daher weniger als Alleinstellungsmerkmal – bei dem Stil Aiki-Ōsaka kommt dieser jedoch häufiger zu tragen.

Verwendung von Atemi

Der Einsatz von Atemi (Schlägen, sinngemäß als Schlagtechnik bezeichnet) ist ein weiteres Charakteristikum des Aiki-Ōsaka-Stils (Kobayashi Aikidō). Atemi dient hier primär dazu, den Angreifer zu destabilisieren und ihn zu einer Reaktion zu bewegen, wodurch sich eine offene Angriffsfläche für Folge-Techniken ergibt.

Der Umgang mit Waffen: Jō und Bokken

Ein weiteres Merkmal des Aiki-Ōsaka (Kobayashi Aikidō) ist die Integration von Waffentechniken in die Aikidō-Praxis. Kobayashi legte großen Wert darauf, dass die Prinzipien des Aikidō auch im Umgang mit Waffen angewandt werden. Dies gilt insbesondere für den Jō (Stock) und das Bokken (Holzschwert). Das Waffentraining beinhaltet spezielle Techniken wie „Choku tsuki“ (gerader Stoß) und „Furikomi tsuki“ (Pendelstoß) mit dem Jō sowie „Matsu no tachi“ (Kieferschwert = Stärke und Beständigkeit) und „Ume no tachi“ (Pflaumenbaumschwert = Widerstandsfähigkeit und Schönheit) mit dem Bokken.

Ziel dieser Techniken ist es, Timing und Entschlusskraft zu fördern und die Philosophie des Otonashi no ken („lautloses Schwert“) zu verinnerlichen. Das bedeutet, dass Angriffe idealerweise kontrolliert und umgeleitet werden, bevor sie ihre volle Wirkung entfalten können, wodurch eine subtile, lautlose Neutralisierung erreicht werden soll.

Verbreitung des Aiki-Ōsaka-Stils (Kobayashi Aikidō)

Kobayashi Hirokazu war zwar Mitglied der Aikikai-Stiftung, doch im Gegensatz zu anderen Lehrern legte er weniger Wert auf strenge organisatorische Strukturen. Seine europäischen Schüler trainierten häufig in verschiedenen Verbänden oder auch ohne formelle Organisation. Aufgrund dieser offenen Herangehensweise ist der Aiki-Ōsaka-Stil (Kobayashi Aikidō) bis heute vor allem in Japan und Europa verbreitet.

Fazit

Der Aiki-Ōsaka-Stil ist eine dynamische und vielseitige Form des Aikidō, die durch spezielle Interpretationen von Kobayashi Hirokazu geprägt wurde. Merkmale wie das Meguri-Prinzip, die aufrechte Körperhaltung, die verstärkte Anwendung von Atemi sowie das integrative Waffentraining verleihen diesem Stil eine eigenständige Identität. Kobayashi Hirokazu schuf mit dem Aiki-Ōsaka-Stil eine Brücke zwischen traditioneller Aikidō-Philosophie und modernen Bewegungsprinzipien.

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Japanische Namen

Wie in Japan üblich, steht der Familienname vor dem Vornamen. In diesem Beitrag halten wir uns daher an diese Schreibweise japanischer Namen.