Aikidō-Stil: Takemusu Aikidō (Iwama Ryū)

Der „Aikidō-Stil“ Takemusu Aikidō ist eine Ausprägung des Aikidō, das in der Nachkriegszeit (ab 1945) von Ueshiba Morihei (* 14.12.1883; † 26.04.1969) entwickelt und in Iwama, Präfektur Ibaraki, Japan, unterrichtet wurde. Takemusu Aikidō war dabei ein Begriff, den Ueshiba (unter den Aikidōka auch Ō-Sensei genannt) selbst prägte und der bis heute verwendet wird. In diesem Zusammenhang bedeuten die Silben „take“ (kriegerisch) und „musu“ (erschaffen oder gebären), was sich sinngemäß als die Kunst, kriegerische Kreativität zu entfalten, interpretieren lässt. Takemusu Aikidō steht dafür, dass die Technik auf die jeweilige Konfliktsituation zugeschnitten und auf möglichst effiziente Weise ausgeführt wird.

Hüter des Aiki-Schreins

Ein zentraler Charakter dieses „Stils“ ist die Übernahme und Weiterentwicklung durch Saitō Morihiro (* 31.03.1928; † 13.05.2002), einen der engsten Schüler Ueshibas in den 1940er-Jahren. Saitō begann sein Training 1946 im gerade erst drei Jahre alten Aiki Shuren Dōjō (später bekannt als Iwama-Dōjō oder Ibaraki-Dōjō) und blieb bis zum Tod des Gründers im Jahr 1969 dessen treuer Begleiter und Hausschüler (Uchi-Deshi). Aufgrund seiner Schichtarbeit bei der japanischen Eisenbahn konnte er regelmäßig an Ueshibas morgendlichem Waffentraining teilnehmen, wodurch er umfassendes Wissen in der Handhabung des Holzschwerts (Bokken) und des Stabs (Jō) sammelte. Ueshiba Morihei (Ō-Sensei) ernannte ihn zum „Hüter“ des Aiki-Schreins bzw. des Aiki Jinja in Iwama und übergab ihm später die Leitung des Dōjō. Der Name „Morihiro“, den Ueshiba Saitō gab, bedeutet „Bewahrer“ und spiegelt Saitōs Mission wider, die Aikidō-Lehren des Gründers genau so zu bewahren und weiterzugeben, wie Ueshiba sie in Iwama unterrichtete.

Takemusu Aikidō stellt demzufolge keine separate Aikidō-Stilrichtung dar, sondern repräsentiert vielmehr die Lehren, die Ueshiba Morihei in Iwama (Präfektur Ibaraki), Japan, lehrte.

Merkmale und Lehrmethoden des Takemusu Aikidō

Takemusu Aikidō zeichnet sich durch präzise und strukturierte Grundformen (Kihon) sowie ein intensives Waffentraining (Buki-Waza) aus, die die enge Verbindung zwischen den waffenlosen Techniken (Tai-Jutsu, Taijitsu) und den Waffenformen betont. Saitō entwickelte das Unterrichtssystem des Takemusu Aikidō, das insbesondere die Stock- und Schwerttechniken so integriert, dass Körper- und Waffentechniken harmonisch miteinander verbunden sind. Seine Methode bewahrt die Techniken des Gründers und ermöglicht, sie auf eine klar strukturierte Weise zu erlernen. Ein weiteres Merkmal im Takemusu Aikidō ist der „Kiai“ (Kampfschrei), der häufig eingesetzt wird, um die Energie und Kraft in der Ausführung zu unterstützen.

Die Technik im Takemusu Aikidō basiert darauf, die Energie eines Angriffs so zu lenken, dass sie sich ins Leere auflöst, ohne dass der Angreifer verletzt wird. Ziel ist es nicht, den Gegner zu schädigen, sondern ihm die Sinnlosigkeit von Aggression und Gewalt vor Augen zu führen. Die Bewegungen werden daher so ausgeführt, dass überflüssige Bewegungen vermieden werden und der Angreifer sein Gleichgewicht verliert.

Weiterentwicklung und Verbreitung (Iwama Ryū)

Nach Ueshibas (Ō-Senseis) Tod führte Saitō Morihiro das Iwama-Dōjō (Ibaraki-Dōjō) weiter und blieb Mitglied im Aikikai. Er sah seine Rolle darin, die Lehren des Aikidō-Begründers zu bewahren und in unveränderter Form, also so wie sie in Iwama (Präfektur Ibaraki) gelehrt wurden, weiterzugeben. Aus dem Begriff Takemusu Aikidō entstand der Begriff Iwama Ryū, der den Stil des Aikidō bezeichnet, den Saitō Morihiro basierend auf den von Ueshiba vermittelten Techniken in Iwama weiter lehrte. Innerhalb dieser Struktur vergab er auch Graduierungen. Saitōs Unterricht und das Dōjō in Iwama (Präfektur Ibaraki) wurden zu einem Zentrum für den in Deutschland gebräuchlichen Namen „Iwama-Stil“ (Iwama Ryū).

Nach Saitōs Tod im Jahr 2002 kam es zu einer Spaltung innerhalb der Iwama-Schüler. Saitōs Sohn, Saitō Hitohiro (31.03.1928 – 13.05.2002), gründete daraufhin den Verband Iwama Shinshin Aiki Shurenkai und benannte seinen „Aikidō-Stil“ in Dento Iwama Ryū (Traditioneller Iwama-Stil / Traditionelle Iwama-Schule) um.

Takemusu Aikidō in Deutschland und international

Andere Schüler, wie z. B. Paolo Corrallini und Ulf Evenas, distanzierten sich von Saitō Hitohiro und gründeten in Zusammenarbeit mit der Aikikai-Stiftung, unter anderem in Europa, ihre eigenen Verbände – die den Namen Takemusu Aikidō weiterhin tragen und sich auf die von Saitō Morihiro geprägten Lehrmethoden stützen.

In Deutschland wurde Takemusu Aikidō durch Saitō Morihiro ab 1982 offiziell vertreten und durch Repräsentanten wie Ute und Mark van Meerendonk weitergeführt. Heute existieren viele Schulen weltweit, die Takemusu Aikidō (Iwama Ryū) unterrichten und eng mit der Aikikai-Stiftung verbunden sind. Regelmäßige Lehrgänge auf nationaler und internationaler Ebene bieten Aikidōka die Möglichkeit, die Techniken und Prinzipien dieses Stils kennenzulernen und zu vertiefen.

Fazit

Takemusu Aikidō (Iwama Ryū) ist ein tief verwurzelter „Aikidō-Stil“, der sich durch eine präzise Technik, eine starke Betonung des Waffentrainings und eine Philosophie der Harmonie auszeichnet. Die Lehren und der Unterrichtsstil von Saitō Morihiro stellen die Essenz dessen dar, was Ueshiba in Iwama entwickelte und lehrte. Saitō bewahrte diese Techniken und schuf ein umfassendes System, das die Prinzipien des Aikidō lebendig hält und an zukünftige Generationen weitergibt.

Siehe hierzu auch den Aikidō-Stil: Dento Iwama Ryū. Dieser basiert ebenfalls auf den „Iwama-Stil“ (Iwama Ryū) bzw. der Entwicklung des Takemusu Aikidō in Iwama.
Zur Übersicht der Aikidō-Stilrichtungen gelangst Du hier: Stilrichtungen

Japanische Namen

Wie in Japan üblich, steht der Familienname vor dem Vornamen. In diesem Beitrag halten wir uns daher an diese Schreibweise japanischer Namen.