
Aikidō-Stil: Yoshinkan
Der Aikidō-Stil Yoshinkan zeichnet sich durch seine strukturierte Unterrichtsmethode und seine dynamische Technik aus und wird häufig als „härterer“ Aikidō-Stil beschrieben. Gegründet wurde der Stil nach dem Zweiten Weltkrieg (1955) von Shioda Gōzō (* 09.09.1915; † 17.07.1994), einem frühen Schüler (1930er Jahre) von Ueshiba Morihei (Ō-Sensei), dem Begründer des Aikidō. Shioda Gōzō trainierte acht Jahre bei Ueshiba Morihei (von 1933 bis 1941). Während viele Aikidō-Stile heute stark vom harmonischen, fließenden Stil des späteren Ueshiba beeinflusst sind, orientiert sich der Aikidō-Stil Yoshinkan stärker am ursprünglichen Aiki-jūjutsu und dem Aikidō-Stil der 1930er Jahre. Die Bewegungen sind eher eckig, was Yoshinkan-Aikidō im Vergleich zu anderen Aikidō-Stilen eine robustere Ausprägung verleiht – auch wenn diese Einstufung eher auf eigenen Aussagen zurückzuführen ist und von anderen Aikidōka häufig angezweifelt wird.
Hintergrund und Bedeutung des Namens Yoshinkan
Der Name Yoshinkan bedeutet „Haus zur Kultivierung des Geistes“ und reflektiert Shiodas Ziel, Aikidō als eine Methode zur geistigen und körperlichen Entwicklung zu vermitteln. Shioda Gōzō schuf Yoshinkan-Aikidō nicht nur als Kampfkunst, sondern als Lehrmethode, die besonders für den Unterricht in größeren Gruppen geeignet ist. Diese Methodik machte Yoshinkan-Aikidō auch für Polizei- und Sicherheitskräfte attraktiv, die es in Japan heute noch als Selbstverteidigung praktizieren sollen.
Strukturierter Lehransatz und Technik
Der vielleicht größte Unterschied zwischen Yoshinkan und anderen Aikidō-Stilen ist die systematische Lehrmethode, die Shioda Gōzō einführte. Für Anfänger wird im Yoshinkan-Aikidō anfangs mehr Wert auf die korrekte Form und Körperhaltung gelegt, bevor sie die fließenden, spontanen Aspekte der Technik erlernen.
Die Ausbildung beginnt mit den sogenannten Kihon – einer Serie von Grundtechniken, die in Bewegungsabläufen (Kata) bei Einzelübungen trainiert werden. Diese Grundtechniken dienen dazu, allgemeine Bewegungsmuster und Prinzipien zu vermitteln, auf deren Basis dann spezifische Techniken entwickelt werden.
Eine charakteristische Technik im Yoshinkan-Aikidō ist die Grundstellung, bei der die Hüften frontal auf den Angreifer (Uke) ausgerichtet sind. Das Körpergewicht wird hier zu 60 % auf das vordere Bein verlagert, während das hintere Bein gestreckt bleibt, der Fuß stark abgewinkelt ist und die Hüfte sich direkt dem Gegner zuwendet. Diese Stellung soll Standfestigkeit und ein Gefühl für die richtige Körperausrichtung vermitteln, was für die Dynamik und Präzision des Yoshinkan-Stils wesentlich ist.
Das Yoshinkan Honbu Dōjō und die AYF/SIAF
Das Yoshinkan-Honbu-Dōjō, das zentrale Dōjō dieses Stils, befindet sich heute in Tokio im Bezirk Sumida. Es wurde ursprünglich im Stadtteil Shinjuku gegründet, zog aber in den 2000er Jahren in den Sumida-Bezirk um. Dieser Standortwechsel wird in Yoshinkan-Kreisen als Teil der Weiterentwicklung des Stils und seiner Organisation betrachtet.
Im Jahr 1990 gründete Shioda Gōzō mit einem seiner Söhne Shioda Yasuhisa (* 15.11.1952) die International Yoshinkan Aikidō Federation (AYF). Nach dem Tod des Shioda Gōzō, verließ sein Sohn Shioda Yasuhisa die AYF und gründete zwei Jahre später (2014) zusammen mit seinem Sohn Shioda Masahiro die Shioda International Aikidō Federation (SIAF).
Fazit
Zusammengefasst ist Yoshinkan-Aikidō ein strukturierter Aikidō-Stil, der durch eine klare Methodik und stabilisierende Bewegungen gekennzeichnet ist. Die Ausbildung legt den Schwerpunkt auf Grundtechniken und fördert eine disziplinierte, körperlich anspruchsvolle Praxis.
Siehe hierzu auch die Aikidō-Stile: Yoshokai, Renshinkai, Shinwakan.
Alle diese Stilrichtungen basieren auf Yoshinkan.
Zur Übersicht der Aikidō-Stilrichtungen gelangst Du hier: Stilrichtungen
Japanische Namen
Wie in Japan üblich, steht der Familienname vor dem Vornamen. In diesem Beitrag halten wir uns daher an diese Schreibweise japanischer Namen.